Schreiben ist Schreiben und … Zwischen Chaos und Ordnung

Der letzte „Schreiben ist Schreiben“-Artikel ist schon ewig her. Letztes Wochenende lag mir ein Thema auf der Zunge, aber irgendwie kam was dazwischen. Passiert halt …

Dann habe ich mich auf den Berliner Perry Rhodan-Stammtisch gewagt, was ich eigentlich schon viel früher hätte tun sollen … war spannend, was in der Hauptstadt so unter „fast keiner da“ fällt ;).

Na und da sind wir fast schon beim Thema. Wenn man ehrlich ist, gibt es in Deutschland (deutschsprachiger Raum) nur eine Sorte von SF (original deutschsprachig) die sich wirklich gut verkauft, und das ist Perry Rhodan*. Nun ich behaupte das Mal ohne wirkliche Zahlen vorliegen zu haben. Gewagt, ich weiß, aber gefühlt richtig. Ich lasse mich da gerne berichtigen, aber nehmen wir das einfach Mal als Arbeitshypothese.

Warum ist das so, dass es neben Perry Rhodan keine wirklich präsente SF gibt? Da gibt es wohl eine ganze Menge Gründe:

  • SF ist im Bild der Allgemeinheit Pfui Bäh. Trivial und nur Herumgeballere
  • SF ist zum Teil wirklich trivial und Herumgeballere.
  • Gute SF ist anstrengend. Man muss dabei über das normale Maß hinausdenken, es sprengt den Rahmen des „Normalen“.
  • SF ist technisch/wissenschaftlich. Es erfordert also nicht nur literarisches Können, sondern auch technisch/wissenschaftliches Verständnis. Und hier wird das Hauptproblem liegen. In meiner Erinnerung spaltete sich in meiner Schulzeit die Klasse früh in zwei Lager: eines das gut in Sprachen und schlecht in Mathe/Technik/Naturwissenschaften war und eines das gut in Mathe/Technik/Naturwissenschaften und schlecht in Sprachen war. Jemanden zu finden der da den Spagat wagt und kann, nicht einfach.
  • Woanders ist das Gras grüner. Leider wahr. Die Spitzenplätze meiner eigenen Top 10 nimmt keine SF aus Deutschland ein.
  • es gibt Sci-Fi. Und zwar jede Menge in leicht verdaulicher Form: Hollywood-Filme am laufenden Band. Wer liest da noch?

Wenn man es sich recht betrachtet: ein Teufeskreis, aus dem eigentlich nur Perry Rhodan ausbrechen konnte oder vielleicht nie geraten ist. Die Serie läuft immer hin schon seit 1961 und hat damals eingeschlagen wie eine Bombe. Sie hat da wohl einen Nerv getroffen und ein riesiges unentdecktes Land für sich erschlossen. Jungen begierig auf Abenteuer im Weltraum. Jungen die mittlerweile zu Großvätern geworden sind. Ja, so macht man das: man zieht sich den eigenen Nachwuchs heran 😉

So nun genug analysiert und zum eigentlichen Thema: Chaos und Ordnung. Wer die Serie kennt, kennt auch den großen Konflikt zwischen Kosmokraten und Chaotarchen. Nun die Serie ist natürlich ein Kind des Kalten Krieges. Aber auch sie hat sich weiter entwickelt. Perry Rhodan nimmt Abstand zu der Seite der Kosmokraten und wendet sich einem Weg zu der von den beiden Mahlsteinen wegführt. Nicht nur eine Dritte Macht, nein auch ein Dritter Weg. Aber es scheint so: Niemand entkommt wirklich den Hohen Mächten.

Je mehr man über die Seite der Chaotarchen erfährt, desto mehr kommt mir der Verdacht, das sind eigentlich nur zwei Seiten derselben Medaille. Zwei Pole desselben Magneten. Nicht nur das sich beide hohen Mächte sich des Öfteren aus denselben Quellen bei Technik und Helfern bedienen, nein sie haben auch dieselbe Entstehung. Halt nur mit unterschiedlichem Vorzeichen.

Gut soweit das Konstrukt des vom William Voltz entwickleten Zwiebelschalenmodells. So ganz erschloss sich das mir nicht, besonders der Part mit der Materiequelle/Materiesenke. Kosmokraten und Chaotarchen, das war dann schon wieder greifbar. Die einen wollen Ordnung, die anderen Chaos. Auf der einen Seite ewige Stangantion, auf der anderen Seite der beschleunigte Zerfall. Und dazwischen das Universum (eigentlich Multiversum). Das ewige Ringen zwischen Schöpfer und Zerstörer, zwischen Gut und Böse.

Für den Autor ist dieses Ringen das Lebenselexier, den wie heist es im Frey: Es gibt drei Regeln für Spannung: Konflikt, Konflikt und … richtig: Konflikt.

So weit so gut. Allerdings stößt man dann doch irgendwann an Grenzen. Spätestens an dem Punkt an dem der Held der Serie den nächsten Schritt tun muss, weil das Thema dann doch irgendwann ausgereizt ist. Der frühe Tod von William Voltz hat diese Frage zumindestens in der Serie Perry Rhodan obsolet werden lassen, denn dieser Überbau bringt nicht nur Vorteile. Zudem weist er auch Lücken auf. Es kann nicht nur zwei Pole geben, was ist mit den ganzen Stufen dazwischen? Das Leben an sich ist nicht nur Schwarz oder nur Weiss. Zwischenstufen bestimmen das Leben. Reine Extreme sind die absolute Ausnahme, fast schon rein akademisch zu nennen.

Dennoch ist es ein von Kindheit an vertrautes Muster. Es findet sich in fast allen Märchen. Und dann ist diese Polarisierung natürlich ein gruppendynamisches Element: Wir sind die Guten, die anderen sind die Bösen.

Wirklich? Ist das so einfach? Wirklich spannend wird es wenn das dann doch nicht so klar ist. Wenn zwei Gute oder zwei Bösewichte auf einander treffen und sich um einen Gegenstand, eine dringend benötigte Resource oder von mir aus auch um die selbe Prinzessin streiten. Mit wem fühlt dann der Leser, mit wem fiebert er mit?

Im Zweifelsfall mit dem Protagonisten, d.h. mit der Figur die dem Leser näher ist, durch denjenigen durch dessen Augen er schaut. Denn sein wir ehrlich am Schluss ist sich jeder Selbst der Nächste. Wirlich? Auch das stimmt nicht immer. Wer hat noch nie eine Träne verdrückt wenn eine besonders heroische Selbstaufopferung statt gefunden hat?

Na wenn das alles so einfach wäre, wäre es ja langweilig. Und das ist jetzt das Letzte was man als Autor will …

*PERRY RHODAN ®, ATLAN ® und Mausbiber Gucky ®
sind eingetragene Warenzeichen der Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Dieser Beitrag wurde unter Lesung/Literarisch, philosophisches, Real Life, Rezensionen, Technisches abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.