Gelesen: Hermann Ritter „Drei Dekaden. SciFi & Heidentum“

Wie kommt man zu einem Buch über Heidentum? Eine Möglichkeit ist man interessiert sich aus diversen Gründen für das Thema, die andere ist: Man besucht einen der Wanderer Stammtische in Ostwestfalen. Wanderer hat auf seiner Kreisbahn in OWL gerade in Herford Station gemacht und es war Hermann Ritters Lokation, an der wir uns getroffen haben.

Wanderer gleich, hat der Stammtisch keinen festen Ort und nur eine lose feste Zeit. Das war nicht so geplant, aber nach langen Diskussionen in der Facebook Gruppe waren wir es leid und so kann sich jeder der Reihe nach seinen Lieblingsort aussuchen, an dem der Stammtisch stattfindet. Sich melden, Termin finden, einen Tisch reservieren und der nächste Stammtisch war gesetzt. Corona-bedingt hat sich Wanderer natürlich in den virtuellen Raum verlegt und wir treffen uns jetzt nun online immer am 1. Montag des Monats auf Discord.

Aber zurück zu jenem Treffen, an dem ich Besitzer dieses Buches aus Hermann Ritters Feder (oder womit auch immer er wahrscheinlicher schreibt) wurde. Ich glaube, Hermann hat aufgeräumt und die Stammtischfreunde mit ein paar ehr selteneren Schätzen beglückt. An die genauen Umstände kann ich mich nicht erinnern, aber ich besitze seither eine Schallplatte mit dem Soundtrack zum Perry Rhodan Fan-Film, der durchaus hörenswert ist, und eben jenes Buch. Das Buch hat also mindestens über ein Jahr lang unangerührt auf meinem Stapel der noch zu lesenden Bücher gelegen.

Mittlerweile ist die Unsitte des SUBs auch bei mir eingezogen und ich versuche mittlerweile ein Buch vom SUB und eines von dem ich definitiv weiß, das es mir Spaß machen wird, zu lesen. Manchmal hat man auch Glück und es macht beides Spaß.

So wie in diesem Fall.

Hermanns Buch über SciFi & Heidentum ist ein sehr persönliches Buch. Es ist seine Reise, es sind seine Abenteuer und es ist ein fundiert recherchiertes Fachbuch mit einigen Fußnoten. Es fängt entspannt humorig an, taucht in düstere Abgründe rechter Esoterik ab und klingt dann entspannt wieder aus.

Man merkt, dass sich der Autor dreißig Jahre intensiv mit dem Thema beschäftigt und auch einige Vorträge zum Thema gehalten hat. Ich glaube, den nächsten Hermann Ritter Vortrag werde ich mir definitiv nicht entgehen lassen. Ich mag den trockenen Humor und die Art auch schwierige Themen anschaulich und nicht beschönigend, aber dennoch verdaulich, herüberzubringen.

Nun den, bin ich nun zum Heidentum konvertiert? Eher nicht, ich halte es da mehr mit dem Zenmönch Abt Muho: „Das Leben ist voller Illusionen“. Das Buch „Zazen oder der Weg zum Glück“ ist übrigens sehr lesenswert. Es ist ebenfalls sehr persönlich und sehr, sehr ehrlich. Wie übrigens auch die Biografie von Linux-Erfinder Linus Torvalds. Solche ehrlichen Bücher sind sehr erfrischend und leider selten.

Dennoch war es eine Freude sich von einem scharfsinnigen, eloquenten, manchmal vielleicht auch etwas spröden, Autor in diese Subkultur entführen zulassen. Bei aller Faszination für Vergangenes, Mystisches und auch Phantastisches, gibt es bei dem Thema auch dunkle Seiten. Sehr sehr dunkle und nicht im guten Sinne gruselige Seiten. Näher als in Hermann Ritters Buch möchte ich solchen rechten Auswüchsen ehrlich gesagt nicht kommen. Das ist erschütternd, welche Abgründe sich Ende des 19. und Anfang des 20 Jahrhunderts dort auftun.

Bei solch einer vergifteten Vergangenheit, warum sich weiter mit dem Thema beschäftigen?

Eine Erklärung findet sich im Buch wieder: Das Bild von den verurteilten Dieben, denen man trotzdem ihr Diebesgut überlässt.

Eine Strategie, die leider nur zu gut bei Rechtsextremen, Anhängern wilder Verschwörungstheorien, sonstiger wilden Esoterikern und leider auch bei den leider Durch-das-Raster-Gefallenen funktioniert. Wenn man die Deutungshoheit über den gesellschaftlichen Konsens verloren hat, dann wird es schwierig die Gesellschaft zusammen zuhalten.

Ein Problem, das tief geht und für das sich keine Lösung abzeichnet, außer der Notwendigkeit für mutigen Widerspruch zu den Dingen, die einfach falsch und unwahr sind. Wie aber soll man dazu die Kraft aufbringen, wenn man beruflich und vielleicht auch privat im Überlastbereich agiert? In einer Gesellschaft, in der der Spruch „wer lacht, hat noch Reserven“ zynische Urstände feiert?

Vielleicht die Erkenntnis, dass man sich seine Schlachten gezielt aussucht und mit seinen Kräften haushaltet. Und natürlich nicht vergisst, seinen eigenen Akku aufzuladen. Muße findet, den eigenen inneren Kompass neu zu kalibrieren.

In dem Sinne, nutzt die freien Tage zum Nichtstun! Geht spazieren, lest ein gutes Buch und habt eine schöne und erholsame Zeit.

In dem Sinne wünsche ich allen Lesern ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins Jahr 2021!

Bleibt gesund und haltet Abstand.

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