So ganz ohne Interview geht es beim FdL 2015 dann doch nicht. Es gab einige neue Gesichter, bzw. Avatare wie das in Second Life so schön heißt. Die ersten Interviews habe ich aus Neugierde geführt und ich finde, das ist ein guter Ansatz für ein Interview.
In Rückblick sind die Interviews, die in lockerer Gesprächsrunde direkt in SL entstanden sind, die Interviews, mit denen ich im Nachhinein am zufriedensten war. Und so habe ich vor in lockerer Reihenfolge ein paar Interviews mit den „Neuen“ zu führen.
Den Anfang macht TheConfuzzledWriter aka Sabine Osman, die mir auf dem FdL 2015 positiv aufgefallen ist, allerdings leider auch mit den Unzulänglichkeiten der Plattform zu kämpfen hatte.
Hydors Golem: Schön das du dich für ein Interview in SL hast gewinnen lassen.
Sabine Osman: Ei ja, jetzt hab ich schon mal den Avatar und einigermaßen herausgefunden, wie das hier geht, dann machen wir das auch. 😀
Hydors Golem: Und hast du dich schon gut vom FdL und deiner Lesung dort erholen können?
Sabine Osman: Ja, war ja nicht schlimm. Blöd vielleicht und schade, aber nicht so schlimm.
Hydors Golem: Ja es gab ja genau bei deiner Lesung eine „ungeplante Wartung“ des Voice-Servers. Aber man konnte ja einiges von deiner Lesung hören und das war ziemlich gut.
Sabine Osman: Danke. 🙂 Das ganze Konzept ist schon interessant und eigentlich auch eine gute Idee.
Hydors Golem: Hattest du die Gelegenheit mal bei anderen Events des FdLs hinein zuschnupper?
Sabine Osman: Ja, am Samstag hab ich ein paar Lesungen gehört, u.a. die von Anja Bagus.
Hydors Golem: ah ja, wie hat dir Anjas Lesung gefallen?
Sabine Osman: Sehr gut. Mit verteilten Stimmen lesen ist auch schon spannend.
Hydors Golem: ja vor allem wenn jemand wie z.B. der Thorsten mitliest. Er hat eine großartige Stimme und einiges an schauspielerischem Talent.
Sabine Osman: Ja, stimmt. Die Stimme zum Lesen hat halt auch nicht jeder, kann man nicht zwingen.
Hydors Golem: Nun, deine Stimme und deine Lesung braucht sich definitiv auch nicht zu verstecken, gibst du regelmäßig Lesungen?
Sabine Osman: Ich mach das gern, wenn ich Gelegenheit habe, das ist aber bisher noch nicht so oft gewesen. Zwei Lesungen im Homburger Leseherbst, eine auf der HomBuch und im August auf der FaRk. Das hier war definitiv die Erste online.
Hydors Golem: ah, schon mal nicht schlecht. Bei dir hat ja leider etwas die Technik gestreikt, aber wie fandest du es sonst so virtuell zu lesen, war das ein großer unterschied zu einer Lesung von physisch anwedem Publikum?
Sabine Osman: Das Lesen selbst – da sag ich mal, dass es keine so große Rolle spielt. Aber für die Lesung an und für sich schon. Normalerweise erzähl ich gern ein bisschen was beim Lesen – erkläre zwischendurch was – nicht bei Kurzgeschichten, aber wenn ich aus dem Roman lese. Da macht es schon auch einen Unterschied das Publikum sehen zu können.
Hydors Golem: Nun bei dir war alles ein klein bisschen anders, normalerweise ist der Thorsten Küper bei der Lesung mit dabei und stimmt mit etwas Smalltalk auf die Lesung ein. Da kommt man dann schon gut ins Gespräch. Aber du hast recht das Nonverbale fehlt etwas – wobei der Textchat andere Möglichkeiten bietet, ich meine, du hast ihn intensiv mit verfolgt oder?
Sabine Osman: Ich musste ja da gucken, weil die Voice laufend versagt hat. :p 😉
Hydors Golem: hehe ja, hast du dann noch in zwei Schichten gelesen? Ich war bei der ersten Gruppe und habe das dann nicht weiter verfolgen können.
Sabine Osman: Nee, es war dann völlig und komplett tot, und als Küper nochmal was sagen konnte, ging das auch nicht lange gut. Ich bin dann auch rausgegangen, damit noch andere Besucher reinkommen, wegen der Ausstellung. Gab ja eine Personenbegrenzung, soweit ich das dann verstanden hab.
Hydors Golem: Ja die SIM, auf der du gelesen hast, ist eine sogenannte Homestead, da passen maximal 20 Avatare auf die SIM.
Sabine Osman: Jau. das war dann büschen eng. 😉
Hydors Golem: Das FdL war wirklich gut besucht und es waren ca 35 bis 40 Avatare auf den Lesungen. Also es wären zwei volle Schichten geworden, so viel Andrang bei einer Lesung hat man auch nicht alle Tage 😉
Sabine Osman: Das stimmt. Die auf der FaRK war RL die größte, die ich hatte, das dürften auch so 20 gewesen sein. Wenn man nicht gerade JK Rowling ist, sind 20 bis 30 Zuhörer mehr als ein guter Schnitt.
Hydors Golem: Ja das ist eine ganz gute Zuhörerschaft. Du hast aus „Nebelmond“ gelesen, kannst du etwas über das Buch erzählen?
Sabine Osman: klar. Nebelmond ist mein ‚Erstling‘ und besteht aus 12 Kurzgeschichten, die ein klein wenig thematisch sortiert sind. Die große Gemeinsamkeit ist, dass alle Geschichten in Gwindtera spielen und die Protagonisten weiblich sind.
Die Geschichten sind auch nicht übermäßig Fantasy-lastig, sondern eher auf die Charaktere fokussiert. Wobei gerade die letzten drei Geschichten um eher magische Geschöpfe gehen.
Hydors Golem: Die Geschichte auf deiner Lesung hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es war schon in Richtung Fantasy, aber es kam nichts Übernatürliches in der Geschichte vor. Die Geschichte hätte sich so ähnlich auch vor ca 100 Jahren so in einer etwas abgelegenen Gegend in Deutschland zutragen können.
Sabine Osman: Eine Freundin von mir sagte, ich hätte das auch als historische Ficiton schreiben können, war aber zu faul zum recherchieren. Ganz unrecht hat sie damit nicht. 😉
Nein, da Gwindtera meine Welt ist, hab ich halt die absolute Freiheit. My world, my rules. Und das macht schon sehr viel mehr Spaß, als sich für eine Geschichte totzurecherchieren.
Hydors Golem: lol, nun so ganz unrecht hat deine Freundin da nicht 🙂 Die Charatere fand ich sehr gelungen – du sagtest ja schon, dass dir die wichtig sind – sind die vollkommen deiner Phantasie entsprungen, oder hast du dafür reale Vorbilder (wenn auch vielleicht nur in einzelnen Eigenschaften).
Sabine Osman: Mmh, irgendwie sind meine Figuren für mich real? (Ja, die irren Autoren mit den Stimmen im Kopf). Ich plane meine Charaktere nicht anhand eines 20-seitigen Character Sheets, ich hab die Personen im Kopf und so wie ich weiß, wie sie heißen, weiß ich auch, wie sie sind.
Ich lern Höchstes mehr über sie, je mehr ich über sie schreibe.
Und diese Personen kommen sicher von überallher. Echten Menschen, Filmen, Büchern, Träumen … Was das Unterbewusstsein halt so damit anstellt.
Hydors Golem: Ich tippe mal, dass du auch eher entdeckend schreibst oder?
Sabine Osman: Jain. Vor zwei Jahren hätte ich noch gesagt: Outline? Plotten? Pah. Aber dann hab ich gelernt, dass eine Kurzgeschichte hinzuschmeißen eben eine ganz andere Hausnummer ist, als einen Roman zu verfassen.
Ich plane nicht bis ins Kleinste, da lasse ich mich von der Geschichte gerne führen, aber einen großen Ablauf, den mach ich mir jetzt immer.
Ich hab auch gelernt, dass der berühmt-berüchtigte Writer’s Block oft einfach ein Plotter’s Block ist.
Logisch, wenn ich nicht weiß, wo ich mit der Story hin will, dann kann ich auch nicht schreiben.
Hydors Golem: Ja das ist nur zu wahr. Inwieweit bereitest du die Welt/Umgebung deiner Geschichten vor?
Sabine Osman: Gwindtera wächst mir unter den Fingern. Das ist auch einfach ‚so‘ da. Mit jeder Geschichte gibt es mehr. Und mir fallen dann so aberwitzige Sachen beim Schreiben ein, wie die Vor- und Frühgeschichte eines Kontinentes samt Völkerwanderung.
Ich glaube, daher wirkt Gwindtera auf Leser auch so dicht und angefüllt mit Geschichte, man merkt einfach, dass da noch mehr dahinter liegt. Im Großen und Ganzen ist diese Welt aber sehr erdähnlich, so dass dem Leser und mir selbst die Orientierung nicht zu schwer fällt.
Hydors Golem: Es ist immer ein gutes Zeichen, wenn in einer Welt hinter der nächsten Ecke die nächste Geschichte wartet. In deiner Welt scheinst du dich sehr wohl zu fühlen. Gibt es einen Schwerpunkt in deinen Geschichten? Die auf der Lesung drehte sich ja um eine Familie, die um das Überleben kämpfen muss, nachdem der Vater gestorben ist.
Sabine Osman: Die Kurzgeschichten gehen ein bisschen querbeet. Die Geschichte – die ich leider nicht mal ganz zu Ende lesen konnte – handelt von zwei Schwestern, im gleichen Teil des Buches gibt es zwei weitere Storys von Nu und Riri.
Mir lag auch schon eine Freundin in den Ohren, dass ich da bitte mal gefälligst einen Roman draus machen soll. Aber der braucht noch ein bisschen Reifung, fürchte ich. Lust hätte ich darauf, da mir die Mädchen sehr ans Herz gewachsen sind und sie auch auf einem Kontinent wohnen, der noch gar nicht ‚erforscht‘ ist.
Die anderen Geschichten sind eher ‚fertig‘ so, wie sie da stehen. Bis auf die ehemalige Titelstory, die auch die längste in der Sammlung ist. ‚Die Leichentuchweberin‘ soll auf jeden Fall mal in Romanform kommen.
Hydors Golem: Darauf bin ich dann gespannt und hoffe das du dich dann noch mal für eine Lesung hier gewinnen lässt.
Sabine Osman: Ja, klar. Wie gesagt: Den Avatar hab ich ja jetzt und ein Headset auch. 😀
Hydors Golem: hehe, prima. War es für dich schwierig dich in der virtuellen Welt hier zurechtzufinden?
Sabine Osman: Es ging. Am Anfang war es verwirrend und jetzt geht’s schon deutlich besser. Alles hab ich natürlich noch nicht raus. Aber ich kann schon mal sitzen, das ist doch schon was. *grins*
Hydors Golem: Das ist eine der wichtigsten Dinge in SL überhaupt 🙂 So ziemlich alles hier basiert im Endeffekt drauf, dass man sich draufsetzt.
Sabine Osman: *lach*
Hydors Golem: z.B. der Teleporterdrüben hoch zur Hünensphäre funktioniert dadurch, dass man sich quasi draufsetzt.
Sabine Osman: auch nett. 🙂 Ich verstehe den Reiz von SL schon. Keine Frage.
Hydors Golem: Nun es ist den Schrieben nicht ganz unähnlich, man kann sich seine eigene Welt erschaffen.
Sabine Osman: Ja, das stimmt wohl.
Hydors Golem: Wobei man in seiner eigenen Welt in seinem Kopf weniger Begrenzungen hat. Als Science Fiktion Autor stößt man da auch in der virtuellen Welt an Grenzen. Wobei unsere Meisterkulissenbauer wie z.B Barlok Barbosa Erstaunliches zustande auf die Beine stellen
Sabine Osman: Das stimmt. Die Kulissen waren/sind schon wirklich toll.
Hydors Golem: Wenn man dir in den Sozialen Netzwerken etwas folgt, tauchte öfter der Begriff Trope auf. Ist das ein Thema dasdich sehr interessiert?
Sabine Osman: Ich finde, da wir alle nicht in einem luftleeren Raum existieren, es nicht ganz unwichtig die gänigen Tropes zu kennen. Ein Trope, das schlecht gemacht ist, wird zum Klischee und Klischees sind zu einem sehr mächtig, aber wer will denn noch den drölfzigtausendsten Fantasy-Roman lesen, in dem das Waisenkind im Dorf groß wird und an seinem 16. Geburtstag erfährt, dass es auserwählt ist und den Ring nach Mordor bringen muss oder so. 😉
Wobei die Story vom Auserwählten immer noch funktioniert, wenn sie gut gemacht ist. „Star Wars“ ist so eine Story. Mit allen Tropes die dazugehören, inclusive dem alten Weisen, der den jungen Helden anweist. Und es funktioniert großartig.
Hydors Golem: Ja dort wird unter anderem die Heldenreise aufgegriffen. Die natürlich auch stark von der Entwicklung ihres Helden lebt. Inwieweit entwickeln sich die Figuren bei dir?
Sabine Osman: In den Kurzgeschichten haben sie – naturgegeben – etwas wenig Zeit dazu. Da ist eben die Geschichte von Nu und Riri, wobei es Nus Entwicklung ist, sich von allem Vertrauten loszusagen, der Tradition den Mittelfinger zu zeigen und auf sich selbst gestellt einen eigenen Weg zu suchen.
In den beiden Geschichten in dem Teil ‚Rache‘ gehen die Protas unterschiedliche Wege, die eine zieht es durch, die andere versteht, dass es nichts bringt, und dass sie ein neues Leben haben kann.
Beim ‚Vierten Wunsch‘ ist es eher so, dass die Protagonisten wider Willen in die Situation geraten und sich dann im Rahmen der Geschehnisse entscheiden auf eine bestimmte Weise zu handeln.
Gerade im Wunsch und in der Schattenjagd – dem Folgeband – bleibt die Welt der Protagonisten eigentlich überschaubar, sie handeln so, wie sie handeln müssen. In Schattenjagd die entführte Tochter zu suchen ist einfach nichts, das nicht in Frage kommt.
Dass der Weg dann bis in die Unterwelt führt, tja, das ist die Konsequenz. Aber Lhana (die Prota) fühlt sich sehr unwohl bei der Idee, mal die Welt gerettet zu haben.
Hydors Golem: Ja Figuren können ein Eigenleben entwickeln. Ist es dir schon mal passiert, dass eine Figur gesagt hat: „Vergiss das, das mache ich nicht?“
Sabine Osman: Mmh, bisher sind sie ziemlich folgsam. Außer Halt der Tatsache, dass ‚Der vierte Wunsch‘ einfach ein kleiner Stand-Alone Roman werden sollte. Da hatten sie deutlich was dagegen und da erfährt es die Autorin dann als letzte, dass sie gerade eine Trilogie angefangen hat. Obwohl ich eigentlich gar keine schreiben wollte.
Hydors Golem: Ja, das passiert mit lebendigen Figuren und einer lebendigen Welt. Wann können wir mit der nächsten Kurzgeschichte oder dem nächsten Roman von dir rechnen?
Sabine Osman: Der dritte Band der Wunsch-Trilogie harrt seiner Vollendung. Was ich hoffentlich noch in diesem Jahr schaffe. Danach muss ich sehen, was sich in den Vordergrund drängt.
Hydors Golem: Ja das ist ja nicht mehr so lange hin.
Sabine Osman: Da sagst du was…. *augenroll* Ich tu mir aus verschiedenen Gründen mit diesem Buch etwas schwerer.
Man will die Erwartungen nicht enttäuschen, auch wenn die Leserschaft überschaubar ist, ist es mir wichtig, dass sie es mögen. Dann ist es der letzte Band. Da ist ein bisschen Trennungsschmerz mit im Spiel und es gibt eben in diesem Buch schon Anklänge, die auf neue Bücher hinauslaufen werden.
Hydors Golem: Ich habe gesehen du hast schon einiges an positiven Rezensionen auf Amazon bekommen – und man merkt deinen Geschichten an, dass du es dir nicht leicht machst und einen gewissen Anspruch an deine Texte stellst.
Sabine Osman: Ja, ich bin da nervtötend perfektionistisch. Sabine Osman: Tippfehler nehm ich persönlich. 😉
Hydors Golem: oh, her 😉 , aber keine Angst ich jage das Interview nachher noch durch den Papyrus Autor 😉
Sabine Osman: Ja, in den Netzwerken oder in Chats seh ich’s nicht ganz so eng, weil man ja oft schnell schreibt. Wenn da nicht gerade der Duden zum Weinen gebracht wird, sind das eher lässliche Sünden.
Hydors Golem: Zum guten Schluss noch eine Frage: Planst du nach dem Abschluss der Trilogie Ausflüge in andre Gefilde oder gibt es noch so viel aus der Welt Gwindtera zu erzählen, das du dort noch verweilen möchtest, oder andere Aspekte dieser Welt entdecken möchtest
Sabine Osman: In Gwindtera gibt es definitiv mehr Geschichten, als ich je werde erzählen können. Aber ich hab auch schon mal Lust zwischendurch etwas anderes zu machen. Allerdings das mit der Planung funktioniert nie so wirklich. Vermutlich zieht mich einfach eines der Projekte dann von selbst in seinen Bann. Ich hab da ja nix zu melden.
Ich arbeite hier nur. 😉
Hydors Golem: Ah, Klasse! Vielen Dank das du dich von mir hast löchern lassen.
Sabine Osman: Gern, hat Spaß gemacht. Und schau, es ist dunkel geworden. Cool. 😀